Offener Brief an den Oberbürgermeister Dieter Reiter

DIPL.-ING HELMUT KÖPF
Grünwalder Straße 41
81547 München

An den Oberbürgermeister
der Landeshauptstadt München
Herrn Dieter Reiter
Im Rathaus München, Marienplatz 8
80331 München

29.10.2016

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

einem Artikel im Merkur vom 25.10. konnten wir entnehmen, dass Sie mittlerweile schon konkrete Zahlen zitieren. Mit vier Häusern würden nur rund 15% der Wiese bebaut. Der Rest bliebe Bolzplatz.
Also warum die ganze Aufregung! Sie sagten zudem, dass keine offiziellen Grünflächen bebaut würden. Wie jetzt? Die Unnützwiese ist lt. Flächennutzungsplan eine Allgemeine Grünfläche!
Auch konnten wir lesen, dass Sie das Versagen Ihrer Verwaltung sehr bedauerten und uns dafür eine Infoveranstaltung irgendwann im November gewährten. Was uns übrigens auch vor der „Panne“
schon versprochen worden ist.

Seit Bekanntwerden Ihres Paukenschlagprojektes „Wohnen für Alle“ im August konnten wir folgendes in Erfahrung bringen:

Der Bauraum entlang der Bajuwarenstraße hat eine Tiefe von 12m und einen Abstand von 6m zur Straßenbegrenzungslinie. Der Bauraum an sich ergibt die von Ihnen zitierten 15%.

Die GEWOFAG will aus Kostengründen nicht unterkellern. Sie benötigt also Flächen für Haustechnik, Parkplätze, Fahrräder und Abstellräume, Hausmeister etc. Aus einem Schriftverkehr zwischen Stadtrat Herbert Danner (Grüne) und Stadtbaurätin Frau Dr. Merk entnehmen wir, dass eine Reduzierung des Stellplatzschlüssels unter 0,3 nicht möglich sein wird. Das ergibt bei 4 Häuser á 14 WE 17 Stellplätze, die aus oben genannten Gründen oberirdisch angelegt werden müssen.

Daraus ergibt sich ein Flächenbedarf von nunmehr schon rund 45% der Gesamtfläche, wie in beiliegender Skizze aufgezeigt wird. Zurück bliebe eine Hinterhofwiese. Das Miteinander von Jung und Alt, Groß und Klein, wie es in dem Bericht der BR Abendschau vom 24.10.16 anschaulich dargestellt worden ist, ginge verloren. Die Restfläche geriete in Insellage. Die daraus resultierenden Nachteile sind Ihnen durch die vielen Presseberichte und Briefe mittlerweile sicher hinlänglich bekannt.

Es zählen nicht die Grundflächen der neuen Gebäude sondern die Fläche, die durch das Bauvorhaben an Spielfläche verloren geht. Und das ist fast die Hälfte!

Es entsteht immer mehr der Eindruck, dass Ihnen und Ihren Stadtratskollegen im Moment der Entscheidung nicht bewusst war, was Sie mit Ihrer Entscheidung bewirken und wie die Unnützwiese seit rund hundert Jahren in den Stadtplänen ausgewiesen ist, (aktuell: Flächennutzungsplan) und wie die Unnützwiese tagtäglich benutzt wird. Und Sie wollen es auch gar nicht wissen.

Sie stützen sich auf Aussagen Ihrer Referenten, die gerade nützlich sind und geben diese Zahlen (15%) unreflektiert an die Bevölkerung weiter. Anders ist es nicht zu erklären, dass der in Luftlinie angeblich nur 700m entfernte Ostpark immer noch als Ersatzfläche angeboten wird. Dieses Argument ist längst ad absurdum geführt. Bis man auf eine bespielbare Fläche stößt, ist es mehr als doppelt so weit. Welche Eltern würden ihre Kinder alleine über eine sechsspurige Ausfallstraße in einen weitläufigen Stadtpark laufen lassen?

Anderseits wird mit keinem Wort erwähnt, dass Trudering mit öffentlichen Spielflächen unterversorgt ist, und dass die Unnützwiese im aktuellen Spielflächenversorgungsplan des Planungsreferates als Ankerfläche ausgewiesen ist. Also: Bauen um jeden Preis?

Wie sollen wir Ihren Ausführungen künftig Glauben schenken, wenn Sie immer wieder versuchen, uns für dumm zu verkaufen und mit irgendwelchen Gebäudekennzahlen hantieren, die der uninformierten Bevölkerung Glauben machen soll, das alles sei doch nicht so schlimm. Wohnungen sind wichtiger als Grünflächen (…“die paar Grashalme“, Zitat OB)

Die Bürger werden schon wieder nicht ernst genommen. Welchen Sinn hat die sonntags geforderte Bürgerbeteiligung, wenn sie dann werktags in den Wind geschossen wird?

Mittlerweile dürfte es klar sein, dass der Protest nicht nur von ein paar Anliegern ausgeht, sondern vom ganzen Viertel getragen wird. Und er wird sich ausbreiten und auch nicht verklingen.

Politiker tun sich offensichtlich äußerst schwer, einen Fehler einzugestehen und davon abzurücken, auch wenn er immer offensichtlicher wird. Der Fehler war, dass in der Eile kein gründlicher Abwägungsprozess stattgefunden hat. Bitte nehmen Sie sich jetzt die Zeit dafür. Noch ist nichts passiert.

Mit freundlichen Grüßen
Helmut Köpf, im Namen der Bürgerinitiative www.rettet-die-unnuetzwiese.de


Offener Brief an OB bzgl. Unnützwiese als PDF
Vermessungsplan als PDF